hospiz klavier
18.07.2020

ÖBR Hospiz-Begleitung: „Und wer sind Sie?“

Das mobile Hospiz der ÖBR ist spezialisiert auf die psychosoziale Begleitung von schwerkranken Menschen, deren Angehörige und für Trauernde. Eindrücke einer Begleitung von Katja Schröder.

 

„Und wer sind Sie?“, Frau K. schaut mich an und ich habe bei diesem intensiven Blick das Gefühl sie schaut komplett durch mich durch, kann jede Regung sehen. Ich nehme ihre Hand, sie lässt es zu und ich erkläre ihr, wer ich bin und dass ich sie besuche.

 

Seit November komme ich Frau K. besuchen, nachdem Inni Strobl den Kontakt hergestellt hat. Damals war Frau K. noch mobil. In den Unterhaltungen war sie anfangs eher zurückhaltend. Eines Tages brachte ich ein Spiel für Demenzerkrankte mit und wollte sie animieren mitzumachen. Sehr schnell merkte ich, dass ihr diese Fragen viel zu intim waren um sie einer Fremden zu beantworten. Das Spiel spielen wir nun in meiner Familie und meine Tochter nennt es heiter „meine Demenzprophylaxe“.

 

Mit der Zeit erzählte mir Frau K. von ihrem Leben. Sie hat bis vor wenigen Jahren als Klavier- und Gesangslehrerin gearbeitet. Ein imposanter Flügel im Wohnzimmer, der immer der stille Zeuge unserer Unterhaltungen ist, erinnert an diese Zeit. Als Frau K.´s Krankheit fortschritt und sie nicht mehr aufstehen konnte, erzählte mir ihr Mann, dass sie oft fragt „wem das Klavier gehört“. Das schmerzt ihn sehr. Oft sitze ich nach meinen Besuchen am Bett von Frau K. noch mit ihrem Mann zusammen und er erzählt mir von seinem Tagesablauf. Ein Tagesablauf, der sich trotz aller Unterstützung nur noch am täglichen Zustand seiner Frau orientiert. Die Veränderung seiner langjährigen Partnerin belastet ihn sehr. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass er stärker wird. Er lässt den Gedanken an das Sterben seiner Frau jetzt immer mehr zu und wir sprechen auch darüber.

 

Mit Frau K. konnte ich nie über das Sterben sprechen. Eine Zeit lang dachte ich, ich mache etwas falsch denn „das gehört doch auch zu meinen Aufgaben“. Aber auch auf direkte Fragen nach dem Sterben, die ich Frau K. stellte, antwortete sie meistens einsilbig aber eindeutig so, dass sie keine Angst habe.

 

Frau K. ist jetzt meistens zu schwach um zu sprechen, aber sie gibt Zeichen mit ihrer rechten Hand. Ich lese ihr oft vor, Biographien von Haydn und Mozart, ihren Lieblingskomponisten. Wenn ich mich durch die Biographie Haydn´s und den Aufzählungen seiner Werke durchquäle (die ich erst mühsam googeln müsste, um zu wissen welche Werke das sind), hebt Frau K. ihre rechte Hand und dirigiert mit sanften Bewegungen zu meinen Worten. Dann bekomme ich eine Ahnung von dieser starken Verbindung Frau K.´s zur Musik. Sie ist noch immer Musiklehrerin und ich bin ihre Schülerin.

 

Wenn ich mich verabschiede, sagt sie manchmal, „Danke“. „Ich danke Ihnen“, sage ich und schäme mich nicht, dass ich Tränen in den Augen spüre. Ich weiß, wir meinen das beide von Herzen.

 

Hospiz-BegleiterInnen bieten Gespräche an

 

Das Angebot des ÖBR Hospiz ist kostenlos und kann persönlich, aber auch per Telefon, WhatsApp, Skype oder andere Medien durchgeführt werden. In Fällen schwerer Trauer kann auch psychotherapeutische Hilfestellung geleistet werden, soweit es die Kapazitäten zulassen.

 

Der ÖBR Hospiz-Verein hat eine Reihe von ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die in Gesprächen geschult sind und diese Begleitung anbieten. Kontakt über Inni Strobl Tel. 0650/523 38 03.

 

Redaktion: Manfred Krejci, Foto: ÖBR Hospiz



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